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Chronik Musikverein Hottingen
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Beginn einer neuen Ära

Einen zukunftsweisenden Beschluss verabschiedeten die Mitglieder des Musikvereins „Waldeslust“ im Sommer 1970. Im darauffolgenden Jahr sollte erstmals ein Pfingstfest in Hottingen stattfinden. Dieses Fest entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einer Traditionsveranstaltung auf dem Hotzenwald. Stammgäste gab es aber nicht nur an Tischen und Bänken. Die Tanzkapelle „Siggi Weber Sextett“ spielte bis 1989 bei jedem Pfingstfest zum Tanz auf. Zwei ganz besondere Ehrungen standen beim Kameradschaftsabend am 30. Mai 1970 im Mittelpunkt. Adolf Stoll sowie Albert und August Strittmatter wurden für 50-jährige aktive Vereinstreue ausgezeichnet. Franz Gersbach und Walter Kohlbrenner wurden ebenfalls geehrt, sie waren seit der Wiedergründung 1946, also 25 Jahre, aktiv dabei. Schon eine Woche zuvor waren die fünf Hottinger Musiker beim Verbandsmusikfest in Tiengen geehrt worden. Das erste Hottinger Pfingstfest auf dem Festplatz beim Gasthaus „Sonne“ war ein derart großer Erfolg, dass fürs kommende Jahr eine Neuauflage umgehend angestrebt wurde. So entwickelte sich eine Tradition, die bis heute fortlebt. Seit 2003 findet das Fest allerdings nur noch alle fünf Jahre statt, so dass die Hottinger Musiker im Jubiläumsjahr 2008 ihr 32. Pfingstfest feiern. 37 Jahre Pfingstfest brachten einige Höhepunkte. Unvergessen ist sicher der Auftritt des aus Funk und Fernsehen bekannten „Medium Terzetts“ 1983, als das 75-jährige Jubiläum gefeiert wurde. Nicht nur der größte Hit „Ein Loch ist im Eimer“ sorgte für Stimmung im ausverkauften Festzelt.

Weitere Größen und Publikumsmagneten im Hottinger Zelt waren „Wilfried Rösch und die Original Böhmischen“, „Franz Waigl und seine bayerischen Löwen“ sowie „Georg Hoffmann und seine Original Ochsenfurter Blasmusik“. Doch auch lokale Tanzmusikgrößen wurden in Hottingen gefeiert. Wer kennt sie nicht – das „Siggi Weber Sextett“, die „Pearls“, die „Wisser Buebe“, das „Dachsberg-Echo“, „Alpenmafia“, „Seven“ und die „Rheintalmusikanten“ – Bands und Musiker, die über drei Jahrzehnte für Stimmung im Zelt gesorgt haben. Das Jahr 1971 brachte Hottingen und seinen Musikern aber noch einen weiteren wichtigen Termin. In der Vereinshalle fand der Kreisparteitag der CDU statt und als Gast begrüßte der Musikverein „Waldeslust“ seinerzeit den Bundes-Vorsitzenden und Alt-Bundeskanzler Kurt-Georg Kiesinger.

Ein „Sauglück“ hatten die Hottinger Narren bei ihrer Fasnacht im Februar 1973. Bei sonnigem Wetter zog ein prächtiger Umzug durchs Dorf, angeführt von einem Deutz-Traktor, der das schlachtreife Schwein im Gatter transportierte, das seinerzeit traditionell an Fasnacht in der Vereinshalle verlost wurde.


Fastnachtsumzug mit dem schlachtreifen Schwein durch Hottingen.

1973 hatte der Musikverein „Waldeslust“ Hottingen erstmals das so genannte „Kirchenjahr“ und begann es bei der Feier der Hl. Erstkommunion in der Pfarrkirche Rickenbach. Mittlerweile war nämlich beschlossen worden, dass jedes Jahr ein anderer Rickenbacher Musikverein für die Musik in der Kirche zuständig ist. Die Hottinger verschönerten neben diesem Gottesdienst auch Patrozinium, Fronleichnamsprozession und an Heiligabend die Christmette um Mitternacht.

Beim Kameradschaftsabend wurde der langjährige Klarinettist Alfred Strittmatter, den seine Musikerkameraden stets „Onkel“ nannten, weil er immer ein offenes Ohr für sie hatte, zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Der heute 98 Jahre alte Alfred Strittmatter trat 1925 dem Musikverein bei und spielte über 60 Jahre aktiv im Verein. Einen richtigen Flop erlebten die Hottinger Musiker bei ihrem Osterkonzert 1974. Etwa 20 Besucher zählte der enttäuschte Chronist und merkte an: „Anschließend beim Tanz mit dem „Trio Kleeblatt“ füllte sich die Halle doch noch“.

Zwei Tage zuvor war der damalige Vorsitzende Erich Stoll gemeinsam mit seinem Stellvertreter Georg Kölle sowie mit Edwin Strittmatter und Karl Schmidt kurzerhand ins Saarland gefahren. „Sie waren als Spähtrupp beauftragt, die zu besuchende Gemeinde Bliesmengen-Bolchen einmal anzuschauen“, vermerkte der Chronist, wie penibel die Hottinger einen Patenverein suchten und fanden – und so ihren Jahresausflug im Sommer vorbereiteten. Die Tour hatte dem Quartett gefallen: „Als sie zurückkehrten, waren sie des Lobes voll“, freute sich der Chronist über die gelungene Mission.

In der kleinen Gemeinde an der französischen Grenze bei Saargemünd wurden die Musiker aus dem Hotzenwald – angeführt von Bürgermeister Richard Völkle und Vereinspräsident Willy Isele – am Nachmittag des 29. Juni sehnsüchtig erwartet. Untergebracht waren die Gäste privat, wie das damals so üblich war, und am Sonntag gestaltete der Musikverein „Waldeslust“ das Frühschoppenkonzert. Das Wochenende im Saarland hatte für neue Freundschaften gesorgt, die Einladung zum fünften Hottinger Pfingstfest 1975 war Ehrensache. Der Kontakt ruhte viele Jahre, zuletzt waren die Saarländer beim 75. Jubiläum 1983 auf dem Hotzenwald zu Gast.


1978 vor dem ehemaligen Rathaus in Hottingen.

Zu unserer großen Freude wird diese Freundschaft wieder belebt. Wir freuen uns sehr, die Musikerinnen und Musiker aus dem Saarland beim unserem 100. Jubiläum bei uns begrüßen zu dürfen. Eine traurige Pflicht hatte der Verein am 8. November 1979 zu erfüllen. Nach kurzer, schwerer Krankheit war Ehrendirigent August Strittmatter im Alter von 76 Jahren verstorben und wurde von seinen Musikkameraden zu Grabe getragen.

 

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